University Medical Center Göttigen

GENOTYP-PHÄNOTYP BEZIEHUNGEN UND DIE NEUROBIOLOGIE
DES LONGITUDINALEN PSYCHOSEVERLAUFS

Phänomik

Bislang haben sich psychiatrisch-genetische Studien unter Einschluss genomweiter Assoziationsstudien (GWAS) für phänotypische Definitionen, beispielsweise bei der Schizophrenie oder Bipolaren Störung, vornehmlich auf kategorische Diagnosen konzentriert. Während der Einsatz diagnostischer Systeme wie des DSM-IV die diagnostische Verlässlichkeit erhöht hat, bleiben kategorische Diagnosen künstliche Konstrukte. Die psychiatrische Genetikgemeinde hat darum das Konzept der systematischen Genotyp-Phänotyp-Studien adaptiert. Ihre Hoffnung richtet sich auf die Analyse von Phänotypen zwecks Reduktion der phänotypischen und somit der genotypischen Heterogenität, welche die Beschreibung charakteristischer genotyp-phänotypischer Signaturen gestatten wird. Systematische Genotyp-Phänotyp-Studien könnten außerdem dazu beitragen, die phänotypische und genotypische Überlappung zwischen Schizophrenie und Bipolarer Störung zu entschlüsseln. Ansätze hinsichtlich des Subgenotyps haben sich in der Genetik bei Brustkrebs und nicht-syndromaler Taubheit als erfolgreich erwiesen. Umgekehrte Phänotypisierung in einem großen deutsch-polnischen Sample wird hoffentlich erweisen, dass die Assoziation zwischen G72 und Bipolarer Störung durch eine Assoziation mit dem Subphänotyp "Geschichte des Verfolgungswahns" gesteuert wurde. Die umgekehrte Phänotypisierung wurde mittlerweile ebenfalls erfolgreich in der Erforschung nicht-mentaler Erkrankungen angewendet. Die Anwendung phänotypischer Analyseansätze wie der umgekehrten Phänotypisierung auf den longitudinalen Verlauf psychotischer Erkrankungen könnte einen fruchtbaren, bislang noch nicht eingeschlagenen Weg in der psychiatrischen Genetik beschreiten. Zum vollen Verständnis der phänomischen Expression genetisch mitbedingter Erkrankungen sollten phänomische Studien die Erforschung von Endophänotypen inklusive neurophysiologischer, biochemischer, endokriner, neuroanatomischer, kognitiver oder neuropsychologischer Messungen beinhalten. Die Berücksichtigung von Endophänotypen und genetischen Faktoren ist für das Verständnis der Mechanismen, die von der genetischen Variation zur phänotypischen Expression führen, sehr vielversprechend.

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Last update:
21.11.2013